Der Reiter

Das Pferd schnaubt. Angestrengt. Doch es wehrt sich nicht, steigt den schmalen, steilen Weg empor. Die Hufe kratzen und stampfen mühsam auf dem Fels. Ich ziehe meinen Hut tiefer ins Gesicht, um mich vor dem Regen zu schützen. Ein trauriger Versuch, ich bin bereits durchnässt. Schon als ich am Flussufer auf mein Pferd stieg war klar, dass wir nicht trocken bleiben würden. Schwarze Wolken am Horizont kündeten von lange ersehntem Regen. Ich höre eine Musik, eine Westerngitarre wird gespielt. Leise, zarte Klänge, die die Ruhe und die Atmosphäre unterstreichen. Regentropfen und Saiten. Manchmal ziehe ich an den Zügeln, spreche ein sanftes Ho! zu meinem Pferd, um ihm eine andere Richtung zu weisen. Der Gipfel ist bald erreicht. Es donnert und kurz darauf erstarrt die Landschaft für eine Sekunde in einer schwarzweißen Fotografie. Das harte Land zeigt sich in harten Kontrasten und unheilvollen Schatten. Und die Musik ändert sich. Jemand singt, so als käme eine völlig neue Szene. Das Schnauben, die Hufe, das Trommeln des Regens, der Donner, alles tritt einen Schritt zurück. Lässt der Musik ihren Platz. Der Gesang, der mich begleitet, als ich auf dem Gipfel ankomme. Bleibe stehen und lasse meinen Blick schweifen. Der Horizont ist verschwunden und Himmel und Land scheinen eine Einheit zu bilden. Graues Gewitter unter mir, sandige Felsen darüber, ich kann es nicht sagen. Mein Pferd und ich berühren unwirkliche Welt, spüren unwirkliche Wetter, sehen unwirkliche Lichter, hören unwirkliche Musik. Und alles ist so wirklich. Minuten, die auch Tage sein könnten vergehen. Der Gesang verstummt. Der Regen hört auf. So ist es immer. Und ich kehre dem Tal hinter mir den Rücken zu und lenke mein Pferd in die nächste Stadt zu neuen Abenteuern.

Kommentare

  1. Sehr schön geschrieben, man möchte am liebsten mit dem Reiter verschmelzen und mit ihm vor den Problemen des Alltags davon reiten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert