Duisburg und ich (1)

Da sitze ich nun also in Duisburg. Was soll ich sagen? Kalt und regnerisch war es hier. Der einzige Trost: im restlichen Deutschland war es nicht anders. Mittlerweile ist es drückend heiß und schwül. So wie im restlichen Deutschland auch. Ich könnte mal raus. Ich sollte mal raus. Bisher war es immer zu nass, jetzt ist es zu heiß. Da trau ich mich gar nicht erst auf mein Fahrrad. Dazu kommen diese zwei kleinen Gedanken: 1) Ich habe hier in der Wohnung noch genug zu tun. Alles sieht noch aus wie zusammen gewürfelt und weit entfernt von einem gemütlichen Nest. 2) Was soll ich denn so allein da draußen? Klar, radeln kann man alleine und ich würde endlich mal ein wenig mehr von der Umgebung zu Gesicht bekommen. Außerdem könnte ich endlich mal erste Fotoexkursionen unternehmen. Denn zum Fotografieren, das weiß ich schon jetzt, gibt es hier genug. Dennoch, ich bin einfach nicht der Typ um auf eigene Faust loszuziehen. Das muss ich vielleicht noch lernen. Oder ich suche Leute in einer Community.

Leichter gesagt als getan. Friendscout24 und neu.de scheinen reine Partnerbörsen zu sein. Und ich suche ja nur Leute, mit denen man etwas unternehmen könnte, keine neue Beziehung. Auch andere bekannte Börsen zielen nur auf den Flirtfaktor. Sucht man per Google nach Communitys findet man zwar schnell irgendwelche Sportgruppen (besonders die Taucher sind stark vertreten. Okay, alleine schon für das Wracktauchen im Gasometer würde ich einen Tauchkurs machen), doch auch diese sind nur spärlich besetzt und die Foren strotzen nicht gerade vor Möglichkeiten.

Etwas wie friendchasing.de, einer Community in meinem alten Dreiländereck, bei der ich seit drei Jahren angemeldet bin, fehlt in Duisburg. Oder hat sich bisher erfolgreich vor mir versteckt. Nun gut, zurzeit ist es noch nicht so schlimm, da ich wie gesagt noch genug zu Hause zu tun habe, mich noch arg auf meinen Job konzentrieren muss und in zwei Wochen eh meine damalige Freundin zu Besuch kommt. Und zwar für die gesamten (baden-württembergischen) Sommerferien. Mit ihr werde ich die Gegend erkunden. Und auf jeden Fall die Punkte besuchen, die mir bis jetzt bekannt sind.

Hilfreich wird dabei bestimmt auch mein Begrüßungsscheckheft sein. Das bekam ich für einen Euro als ich mich als Neubürger anmeldete. Darin befinden sich Gutscheine für Gratis Zoobesuche, Hafenrundfahrten, ÖPNV-Fahrten, Museums- und Theaterbesuche, VHS-Kurse (woher wussten die, dass ich spanisch lernen will?) und noch einiges mehr. Klasse finde ich das.

Ebenfalls hilfreich ist mit Sicherheit Duisburgnonstop.de, eine Sammlung aller kulturellen, sportlichen, filmischen, etc.ischen Veranstaltungen. Oder Citypower.de, mit allem, was mir die kostenlose Power Card günstig bietet. Oder die Seite zum Duisburger Innenhafen. Wo übrigens auch meine Firma ihre Büros hat. Um es klar zu sagen: erleben kann man hier dermaßen viel, ich bräuchte eigentlich gar keine Wohnung, weil ich ständig unterwegs sein müßte.

Seit ich in Duisburg lebe, bin ich viel zu Fuß unterwegs. Ihr werdet lachen, das hat einen ganz einfachen Grund. Nicht nur, weil ich alles nötige auch zu Fuß erreichen kann. Sondern weil ich ständig Angst habe, den Parkplatz zu verlieren, wenn ich das Auto benutze. So einfach kann es manchmal sein, jemanden zu mehr Bewegung, nunja, zu bewegen.

Zur Arbeit brauche ich mit dem Fahrrad knapp 15 Minuten. Wenn ich denn mal mit dem Rad unterwegs wäre (Regen!) Zu meinem neuen Job kann ich noch gar nichts erschöpfendes erzählen. Nur soviel: die Kollegen und Vorgesetzten sind durch die Bank alle sehr nett, hilfsbereit und einfach cool drauf. Die Atmosphäre ist klasse (und das nicht nur wegen der Obstkörbe, dem kostenlosen Kaffee und den verschenkten Toblerone-Schokoladen mit SBB-Werbung drauf). Die Arbeit selbst ist derzeit noch ein Buch mit, naja keinen sieben Siegeln, aber fünf sind es bestimmt noch. Das wird sich aber legen, ich bin ja erst seit zwei Wochen dabei.

Am Freitag kam eine Frau zu uns die Leitstelle, begrüßte die beiden Kollegen, die versuchen, mir alles wichtige beizubringen und nebenher ihrem Job nachgehen und wandte sich dann zu mir mit den Worten: „Ach, und da haben wir ja wieder ein neues Gesicht. Sie sind der Herr…“ „Graf, Roger Graf“, antwortete ich brav und wir schüttelten die Hände. Darauf machte sie große Augen und sagte: „Ah, der Herr Graf. Der Blogger.“ Vollkommen verdutzt blickte ich zu den beiden Kollegen, die ebenfalls verdutzt schauten. „Meine Güte, geht das so schnell herum?“ fragte ich. Und dann erzählte mir die Frau, dass die Leute, die das Cargo-Blog unter ihren Fittichen haben, ihr eine Mitteilung geschickt hatten und von einem bloggenden, zukünftigen Kollegen berichteten, der bereits einen wohlwollenden Artikel verfasst habe. Sie hatte auch meine „letzten Worte des Lokführers“ mit Freude gelesen. Ich war baff. Die folgende Unterhaltung drehte sich natürlich nur noch ums schreiben, bloggen und weiter auch um den Auftritt der SBB im Internet. Ich bot mich sofort an, gerne auch für das Cargo Blog zu scheiben.

Als die Frau sich verabschiedet und den Raum verlassen hatte, fragte ich die Kollegen, mit wem ich denn gerade das Vergnügen gehabt hätte. Mit einem Lächeln auf den Lippen setzten sie mich davon in Kenntnis, dass ich eben die Geschäftsführerin unserer Firma kennengelernt habe. Die höchste Chefin also. Und sie liest mein Blog. Darf ich da ein klein bisschen stolz sein?

Egal also wie einsam ich mich manchmal noch fühle, wie sehr das Heimweh an mir nagt – es ist unglaublich spannend und aufregend hier zu sein und dieses neue Leben zu leben. Dieser Artikel war nur der Anfang, so wie alles im Moment nur der Anfang ist. Demnächst erzähle ich mehr vom Leben in Duisburg. Und Fotos sollten auch bald folgen.

Kommentare

  1. Der Roger

    Na dann können wir ja mal zusammen auf Motivsuche gehen. Zur Frage, was ich fotografiere, darf ich dich gerne nochmal auf den Button „Fotos“ im Menü oben aufmerksam machen. Da kommst du zu meiner Flickr Galerie. Bis demnächst.

  2. Christian aus MH

    Tach!

    Was photographierst Du denn so?
    Ich habe da auch eine schicke Photoausrüstung rumliegen…
    Ist zwar noch „oldschool“ (kein Digikram) aber trotzdem gute Mittelklasse wie ich finde.

    Kannst mich ja mal anquatschen. Wo und wann dürfte klar sein. (siehe Mail-Adresse)

    ;-)

  3. Ich bin auch stolz auf Dich. Das mit dem Heimweh tut mir leid, aber glaube mir aus eigener Erfahrung: Es geht vorbei!Wenn Du mal so richtig Fuß gefasst hast und Deine Wohnung zu einem Heim geworden ist, dann wird es Dir gleich viel besser gefallen. Außerdem wäre es gut, wenn Du die Ausreden mal außer Acht ließest und raus in die neue Welt gingst. Vielleicht würdest Du staunen wie schnell man Leute kennen lernt. Und die Duisburger sind doch ein aufgeschlossenes Völkchen und nicht so stur und zurückhaltend wie wir.
    Versuch`s doch mal!!

    Noch was zu Nielsson: Die gleiche Frage stelle ich mir auch. Vielleicht kommt noch die Erklärung :-P

  4. Der Roger

    Danke für den Tipp mit „New in town“. Was aber diese Geschichte in der c’t mit mir zu tun haben soll, ist mir etwas schleierhaft. Was genau möchtest du mir damit mitteilen?

  5. Na, Herzlichen Glückwunsch. :-)

    In der letzten c’t war übrigens eine ähnliche (fiktive) Geschichte drin:

    Hochqualifizierter Mann sucht dringend neue Stelle, Konkurrenz groß (es gibt in der Zukunft nicht mehr so viele Stellen). Gerät an einen etwas dubiosen „Vermittler“, der ihn zwingt viele, neue elektronische Geräte zu verkaufen.
    Mann bekommt eine Stelle und es stellt sich heraus, dass wohl das automatische Filtersystem der Firma seine Bewerbung durchgelassen hat, weil es viele positive Bewertungen vom Vermittler in seinem Namen für die Produkte der Firma gefunden hat.
    ;-)

    Mir wurde mal „New in Town“ empfohlen als Seite, wenn man Leute treffen möchte. Habs aber nie wirklich ausprobiert. Vorsicht: die schicken so eine Art „Halbspam“ (Werbemails von ihren Partnern).

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